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Artikel von Moritz Immohr und David Loga
 

Ab  dem Jahr 2008 werden in Nordrhein-Westfalen Zeugnisse durch so genannte Kopfnoten ergänzt. Diese insgesamt sechs Noten sollen das Arbeitsverhalten sowie das Sozialverhalten der Schüler bewerten. Dazu gehören die Leistungsbereitschaft, Zuverlässigkeit und Sorgfalt, Selbständigkeit, Verantwortungsbereitschaft, Konfliktverhalten sowie Kooperationsfähigkeit. Die Noten werden vom Klassenlehrer unter Absprache mit den einzelnen Fachlehrern vergeben. Ähnlich wie bei den gewöhnlichen Schulnoten, die die schulischen Leistungen in den einzelnen Fächern bewerten, existieren die Notenstufen „sehr gut“, „gut“, „befriedigend“ und „unbefriedigend“. Diese können, je  nach Entscheidung der Schulkonferenz, noch durch zusätzliche Beschreibungen des Arbeits- und Sozialverhalten ergänzt werden.
Kopfnoten sind so gesehen nichts Neues, als so genannte „Sekundärtugenden“ standen sie bis in die sechziger und siebziger Jahren auf den Zeugnissen. Nur in Baden-Württemberg und in der damaligen DDR blieben sie bestehen. Dort wurden sie allerdings nach der Wende auch abgeschafft. Allein Baden-Württemberg hielt an den Kopfnoten in „Verhalten“ und „Mitarbeit“ fest. Mittlerweile erleben die Kopfnoten eine Renaissance. Doch warum soll man etwas wieder einführen, das man vor Jahrzehnten abgeschafft hat, da es als äußerst unfair galt, und für wen stellen sie einen Vorteil beziehungsweise einen Nachteil da?

Die strengere Bewertung des Sozialverhaltens könnte zu einer besseren Erziehung führen. Außerdem erfahren Eltern so mehr über das Verhalten ihrer Kinder in der Schule. Gefordert wurden Kopfnoten aber vor allem von Vertretern der Wirtschaft. So können Unternehmen beispielsweise an Hand der Kopfnoten Rückschlüsse auf das Verhalten von Auszubildenden in ihrem Betrieb schließen.

Damals wie heute stehen die Kopfnoten aber in scharfer Kritik. Es ist zu befürchten, dass so eine Gesellschaft aus „Ja-Sagern“ und „Schleimern“ entsteht. Eine Gesellschaft, in der es wichtiger ist, anderen Menschen zu gefallen und ihnen durch sein Verhalten zu imponieren, als das Vertreten der eigenen Meinung und die Äußerung von Kritik. Wie soll man sich nun als Schüler verhalten? Lieber übermäßig freundlich sein bzw. „schleimen“ und somit gute Kopfnoten erhalten, oder sollten Schüler die auch sonst offen ihre Meinung vertreten an diesem Verhalten festhalten? Das Ganze ist eine sehr schwierige Situation, weshalb die Kopfnoten ja auch angeprangert werden. Aber auch wenn man diese Punkte vernachlässigt, kann man kaum glauben, dass Kopfnoten objektiv vergeben werden können. Schließlich gilt für jeden etwas anderes als „gutes Benehmen“, manch ein Lehrer könnte ein Schülerverhalten negativ beurteilen, während ein anderer Lehrer dasselbe Verhalten nicht als schlechtes Benehmen klassifiziert. Es besteht natürlich auch die Gefahr, dass Lehrer, die einen bestimmten Schüler nicht leiden können, ihn das dann durch schlechte Kopfnoten spüren lassen. Kopfnoten können so auch die Zukunft der Schüler verbauen. Denn so könnten gute Schüler, die aber nur durchschnittliche Kopfnoten aufweisen, von Unternehmen noch vor einem Bewerbungsgespräch abgelehnt werden. Es kann und darf nicht sein, dass man als Mensch so klassifiziert wird. Der Schüler ist doch viel mehr, als die Lehrer überhaupt mitkriegen können, und vor allem darf man Schüler nicht so bewerten.

Zur Hilfestellung für die Lehrer hat das Nordrhein-westfälische Schulministerium eine 22-seitige „Handlungsempfehlung“ herausgegeben, die den Lehrern Kriterien zur Benotung der Kopfnoten vorgibt. Auch viele Punkte dieser Empfehlung sind fragwürdig.

Abschließend kann man sagen, dass Kopfnoten nicht ohne Grund bereits vor Jahrzehnten abgeschafft wurden. Sie sind eher eine weitere Rückentwicklung des deutschen Schulsystems, das schon seit längerem versucht die deutsche Pisa-Misere auszubügeln. Nur leider geschieht dies zu häufig auf dem Rücken der Schüler und Lehrer. Langsam ist es an der Zeit sich zu fragen, wohin dies noch führen soll. Heute kommen Kopfnoten, morgen dann die Schuluniformen mit einem Einheitshaarschnitt und übermorgen werden die Schüler dann dazu angehalten, nur noch das zu äußern, was den Lehrern gefällt? Interessant könnte es werden, wenn die ersten Eltern gegen die Kopfnoten ihrer Kinder Einspruch erheben, weil sie ihrer Meinung nach ungerecht vergeben wurden. Im Gegensatz zu schulischen Leistungen, die durch Klausuren abgefragt werden, ist hier das Gegenteil kaum zu beweisen. Deshalb wird befürchtet, dass die Kopfnoten standardmäßig gut vergeben werden und nur besonders auffallende Schüler eine schlechtere Zensur erhalten. Dies führt die ganze Überlegung natürlich ad absurdum und macht sie zweifelhafter, als sie ohnehin schon ist.